Am 05.01.2017 wurde Frau Sabine Lüdtke während eines Organisationstreffens des Weltladenteams auf eigenen Wunsch aus dem aktiven Ladendienst verabschiedet.
Aus ihrem Engagement bei Demonstrationen der Bewegung „Frauen wagen Frieden“ in den 80ger Jahren, entstand nach ihren Worten der Wunsch, ihre Überzeugungen zu gelebter Menschlichkeit auch durch aktive Gestaltung in das Miteinander der Völker in Süd und Nord einzubringen.
So begann sie 1989 - angetrieben durch die Idee, mit gerechtem, fairem Handel ein funktionierendes Gegenmodell zur Macht der Großkonzerne zu entwickeln - im Landauer Weltladen mitzuarbeiten.
2 Mal (von 1995 – 1999, sowie von 2004 – 2009) leitete sie den Trägerverein des Ladens auch als 1. Vorsitzende.
In allen 3 Säulen der Weltladenbewegung war sie verantwortlich tätig:
Im Warenverkauf vermittelte sie der Kundschaft durch ihre profunde Kenntnis der Prinzipien des Fairen Handels sowie auch der „Geschichten“, die die einzelnen Produkte erzählen können, die Sicherheit, im richtigen Fachgeschäft zu kaufen und somit Gutes zu tun. Sie war, wie sie ihre langjährige Weggefährtin Stefanie Müller beschreibt, stets freundlich im Umgang mit Menschen und immer zuverlässig.
Frau Lüdtkes besonderes Steckenpferd war die Informations- und Bewusstseinsbildung. Mit dem Ziel, das entwicklungspolitische Bewusstsein zu fördern, schrieb sie immer wieder geschliffene Leserbriefe zu Themen der sozialen Gerechtigkeit. Über einen längeren Zeitraum arbeitete sie in der Lokalen Agenda 21 in der AG Umweltbildung, Öffentlichkeitsarbeit, Soziales und Kultur in Landau mit. Regelmäßig schulte sie neue Mitarbeiter des Weltladens. Konfirmanden führte sie ebenso wie auch Praktikanden und Schulklassen in die Grundbegriffe des Fairen Handels ein.
Bei politischen Aktionen, etwa aus Anlass der jährlichen Weltladentage, konnte man auf ihre Redegewandtheit und Überzeugungskraft zählen.
Durch ihre Initiative kamen zwei indische Feste mit Essen, Musik und Tanz in Kooperation mit dem Haus am Westbahnhof zustande.
Bei mehreren Reisen nach Nepal, Indien, Bolivien, sowie zuletzt 2015 nach Kuba sammelte sie Eindrücke des Lebens der Menschen im globalen Süden und berichtete anschaulich darüber.
Anlässlich des 20 jährigen Bestehens des Weltladens Landau im Jahre 2000,beschrieb Frau Lüdtke die Gründe für eine ehrenamtliche Mitarbeit im Weltladen folgendermaßen:
„Wir wollen es nicht hinnehmen, dass durch die Globalisierung die Reichen im Norden immer reicher und die Armen im Süden immer ärmer werden.“
„Wir wollen, dass Menschenwürde und soziale Gerechtigkeit zum Maßstab für politisches und wirtschaftliches Handeln werden.“
Das Team des Weltladens fühlt sich auch heute noch diesen Grundsätzen verpflichtet und wird in diesem Sinne Sabine Lüdtkes Arbeit fortsetzen.
Alle Mitarbeiter*innen wünschen ihr weiterhin gute Gesundheit als Voraussetzung für eine abwechslungsreiche Gestaltung ihrer neuen „Freizeit“.
Barbara Weyrauch, 1. Vorsitzende des Trägervereins Partnerschaft 3. Welt e.V., Landau
„Weltladen ist nicht überflüssig“
Interview: Sabine Lüdtke über fairen Handel, Freihandelsabkommen und den Erhalt ländlicher Strukturen in Afrika
Mehr als 25 Jahre lang arbeitete Sabine Lüdtke im Weltladen Landau. Auf eigenen Wunsch zog sie sich aus dem aktiven Dienst zurück. Im Gespräch mit der RHEINPFALZ erklärt die 75-Jährige, warum es sich nach wie vor lohnt, im Weltladen einzukaufen.
Frau Lüdtke, Fair-Trade-Produkte stehen mittlerweile in beinahe jedem Supermarkt in den Regalen. Da braucht es doch gar keinen Weltladen mehr, oder etwa doch?
Inzwischen finde ich und finden die Weltladen-Leute es gut, dass es Fair-Trade-Produkte weit gestreut gibt. Als das vor einigen Jahren anfing, waren wir verärgert. Wir haben eine ganze Zeit gebraucht, um zu verstehen, dass das für die Bauern eine Chance ist, ihre Waren zu verkaufen, auch wenn sie nicht den Mehrpreis zusätzlich erhalten, den sie bei uns bekommen. Es geht ja in erster Linie um Lebensmittel. Es gibt aber noch einen Riesenunterschied zwischen Weltladen und Supermarkt: Unsere Importorganisationen haben direkten Kontakt zu den Produzenten und besuchen sie vor Ort. Wir wissen, woher unser Kakao kommt, wie die Genossenschaft heißt und wir können nachvollziehen, was sich an Verbesserungen bei den Produzenten vor Ort einstellt. Das kann ein Supermarkt nicht. Zudem beraten die ehrenamtlichen Mitarbeiter bei uns jeden Kunden persönlich und informieren über die Produkte und die Idee des fairen Handels. Insofern ist der Weltladen keineswegs überflüssig.
Sie sind 1989 mit der Idee zum Weltladen gekommen, ein funktionierendes Gegenmodell zur Macht der Großkonzerne zu entwickeln. Wie weit ist diese Idee bis heute gediehen?
(lacht) Je älter ich werde, umso weniger mache ich verkopfte Sprüche. Ich bin aufgrund meiner langen Erfahrung sehr realistisch, weiß aber auch, an wen ich denken kann, wo also etwas verbessert worden ist. Letztendlich habe ich die Idee auf keinen Fall verlassen. Ich bin sehr gegen TTIP und Ceta. Ich beschäftige mich durchaus noch mit den großen politischen Themen. Da passt dann der Anfang zum Heutigen wieder dazu, denn bei uns bestimmen nun einmal die Großkonzerne die Politik.
Sie haben Ceta und TTIP angesprochen. Inwieweit gefährden Freihandelsabkommen den fairen Handel?
Je mehr Liberalisierung es gibt und je mehr Import-/Export-Freiheiten ohne Ausnahmen bestehen, umso mehr sind kleine Produzenten im Nachteil, weil sie ihre Ware nicht mehr loswerden. Die haben nicht diese Verbände mit dieser Macht. Es gibt ein altes Beispiel: Wir essen hier oft nur einen Teil eines Hähnchens, Schlegel oder Brust etwa. Der Rest wird dann nach Afrika geliefert und dort billiger verkauft als die gezüchteten Hühner von kleinen Bauern. Das heißt, unser Verhalten muss auch im Zusammenhang mit denen gesehen werden, die eigentlich noch funktionierende Strukturen im Landleben haben. Dass wir das dann zerstören, darf nicht sein. Fair-Trade-Produkte haben den Ruf, teuer zu sein.
Was sollte die Menschen dazu bewegen, trotzdem im Weltladen und nicht beim Discounter um die Ecke einzukaufen?
Teuer und teuer, da muss man genauer hinschauen. 250 Gramm Kaffee etwa kosten bei uns um die vier Euro. Daraus kann ich viele Tassen Kaffee brühen. Das heißt, am Ende entsteht bei einer Tasse ein Unterschied von fünf Cent. Gehen Sie mal in die Cafés bei uns, die sind immer voll. Was spielen da die fünf Cent noch für eine Rolle? Man sollte also schauen wie teuer die Produkte sind, wenn ich es auf meinen täglichen Verbrauch umrechne. Aber ja, Lebensmittel sind bei uns etwas teurer.
Umwelt- und Sozialverträglichkeit wird immer mehr zum Kriterium beim Einkaufen. Wie profitiert der Weltladen von dieser Entwicklung?
Ja, für Umwelt- und Sozialverträglichkeit interessiert sich eine wachsende Gruppe von Menschen. Wer den Weltladen entdeckt hat, ist von der Vielfalt des Angebots und der Transparenz seiner Herkunft begeistert. Auch Studierende bezahlen ganz bewusst den höheren Preis, zum Beispiel für Schokolade. Daher haben wir von Jahr zu Jahr Zuwachsraten, sodass die Umsatzzahlen stetig steigen.
Interview: Christoph Demko
Quelle: Die Rheinpfalz - Pfälzer Tageblatt - Nr. 28
Datum: Donnerstag, den 2. Februar 2017